Der Prophet und das Wasser

Der Prophet und das Wasser …

 

 

Vor einigen Jahren erzähle mir ein Mensch, den ich sehr schätze, eine Geschichte über einen Bauern, der in einem Dorf wohnte.

 

Diese Geschichte geht mir einfach nicht aus dem Kopf. In letzter Zeit denke ich so oft an sie, daß ich diese mit Euch allen teilen möchte.

 

Der Grund ist die unglaubliche Ähnlichkeit mit aktuellen Geschehnissen …

 

 

Also:

Ein Bauer, der alleine in einem Haus wohnte, daß sich am Rande eines Dorfes befand, erhielt eines Tages Besuch von einem Mann.

Dieser Mann war, wie sich später herausstellte, ein Prophet, der unermüdlich unterwegs war, um Menschen über ein Ereignis zu informieren, daß in naher Zukunft eintreffen würde. …

 

Der Prophet klopfte also an einem warmen Frühlingsabend an die Tür des Bauern.

Der alleine lebende Mann öffnete die Tür und fragte, was er für den Fremden tun könne.

 

Der Prophet bat den Bauern um einwenig Wasser, da er den ganzen Tag bereits ohne etwas zu trinken, unterwegs war.

 

 

Der Bauer bat den Fremden, sich auf die Terrasse seines Hauses zu setzen und brachte ihm einen Becher Wasser.

Der Fremde nahm die Einladung dankend an und erzählte dann von seiner Reise, die er angetreten war. 

 

Er sagte dem Bauern, daß es bald regnen würde. Das Regenwasser sei jedoch vergiftet und mache die Menschen krank, wenn diese es trinken würden.

 

 

Der Gastgeber erschrak und fragte den Propheten, woher er dies wüsste.

 

Nachdem er einen Schluck Wasser getrunken hatte, sagte der Fremde: „Ich habe die Information von sicheren Quellen, die ich dir leider nicht nennen darf, weil es dir so unglaublich vorkommen würde, daß du mir kein Wort mehr glaubst.“ Du mußt mir einfach vertrauen.

 

 

Als der Bauer spürte, daß der vertrauensvoll wirkende Prophet es wirklich sehr ernst meint und keinen Spaß machte, fragte er ihn, wie sich der vergiftete Regen auf die Menschen auswirken würde. 

 

Die Antwort ließ ihn staunend erstarren.

Der Regen sollte im Ganzen Land und über die Landesgrenzen hinaus auf die Erde fallen. Dabei würden viele Menschen zunächst in Angst verfallen, dann wütend werden, danach in Depression geraten, bevor sie schließlich in die völlige Gleichgültig verfallen.

 

 

Der Bauer goss dem Fremden noch etwas Wasser in seinen Becher und sagte: „Gut, daß ich einen Brunnen besitze. Ich werde mein Brunnenwasser in Gefäße füllen und wenn es regnet kann ich davon trinken.

Es wird sich zeigen, was passiert, wenn der Regen kommt.

 

Nachdem der Prophet seinen Becher mit Wasser ausgetrunken hatte, verabschiedete er sich dankend und ging mit folgenden Worten weiter: „Sorge vor und rede mit deinen Nachbarn. Informiere die Menschen im Dorf, damit sie alle vorbereitet sind.

 

 

Der Bauer tat, wie ihm das der Fremde empfohlen hatte.

Zu seinem Erstaunen stieß er auf Mißtrauen und Gegenwehr. Die Dorfbewohner verhöhnten ihn.

Sie lachten ihn aus und mieden ihn schließlich.

 

Vier Wochen später, der Bauer hatte das Gespräch mit dem Propheten schon faßt vergessen, fing es an zu regnen.

Es war ein dauerhafter Regen, der nicht enden wollte. 

Deshalb konnten Die Menschen im Dorf des Bauern kaum noch aus Ihren Häusern.

Es wurde nur noch das Nötigste erledigt, denn die mittlerweile überschwemmten Wege und Felder konnten kaum noch zu Fuß begangen werden.

 

 

Die meisten Menschen fingen ihr Trinkwasser in großen Gefäßen vor dem Haus auf, da sie nicht mehr an den Fluß gingen.

 

Sie tranken das Regenwasser und es kam so, wie es der Prophet vorausgesagt hatte.

Die Menschen hatten Angst. Viele ärgerten sich so sehr, daß es bald Streit zwischen Nachbarn gab. Auch innerhalb der Familien entstanden Streitigkeiten. Eine immer stärker werdende Aggressivität verbreitete sich im Dorf.

 

 

Der Bauer suchte erneut das Gespräch mit Nachbarn und Freunden, doch sie gaben ihm die Schuld an der Situation im Dorf.

Sie hielten ihn für einen Verschwörer und ungläubigen Menschen, der nur schlechtes über andere bringen würde.

 

Niemand sprach mehr mit dem immer einsamer werdenden Mann, bis an einem Nachmittag ein kleines Mädchen zu ihm ans Haus kam.

 

Der auf der Terrasse sitzende Mann schaute das traurig wirkende Mädchen an und fragte, ob er ihr helfen könne.

 

Das Mädchen brach in Tränen aus und erzählte dem Bauern, daß ihre ganze Familie nur noch gestritten hatte und seit Wochen niemand mehr mit dem anderen sprach.

Alle seien apathisch und gleichgültig, deshalb ging sie einfach los, um jemanden zu finden, der noch lachen kann.

 

 

Der Bauer nahm das Mädchen in den Arm und sagte: „Du bist wie ein Stern am Himmel, der Hoffnung weckt. Gehe zu deiner Familie und erzähle, daß du mit mir gesprochen hast.

Sage ihnen, daß es das Wasser ist, das sie so traurig macht.“

 

 

Das Mädchen ging nach Hause und erzählte von ihrer Begegnung mit dem Bauern.

Der Vater war außer sich, als er von dem Gespräch seiner Tochter mit dem Bauern hörte. 

Er bestrafte das Mädchen mit Worten: „Du wirst ab jetzt nicht mehr aus dem Haus gehen und ich verbiete dir, mit anderen Menschen zu sprechen.“ …

 

 

Da sich das Mädchen von diesem Tag an nicht mehr aus dem Haus traute, vergingen Tage, Wochen und Monate, in denen der Bauer vergebens auf einen erneuten Besuch des Mädchens wartete.

 

Eines Tages faßte er den Entschluss, all seine Gefäße mit Brunnenwasser, die er vorsorglich gefüllt hatte, zu entleeren.

 

Er verschloß den Brunnen und trank, wie die Dorfbewohner, auch das Regenwasser, weil er die Anfeindungen und die Einsamkeit nicht mehr ertrug. …

 

 

Wenn auch Dich bzw. Sie dieses Geschichte zum Nachdenken angeregt hat, würde ich mich über einen Kommentar sehr freuen. …

 

Andreas Kott